Zur Geschichte der historischen „Martinsorgel“
Aus dem Jahr 1911 ist uns ein Gutachten überliefert, welches uns Aufschlüsse darüber gibt, ein welches Instrument bisher in der noch recht jungen Pfarrkirche St. Martin gestanden hatte. Dort heißt es, dass dieses ausgestattet war mit 15 klingenden Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal: „Das Werk wurde vor 35 Jahren, den damaligen Verhältnissen entsprechend, gebaut.“
Hieraus ist zu schließen, dass diese Orgel bereits in der deutlich kleineren Martinskirche, dem Vorgänger-Bau des heutigen Kirchraumes, benutzt worden war. Das vorliegende Gutachten entstammt dem Jahr 1911, unterzeichnet wurde es am 02. November desselben Jahres. Es lässt sich errechnen, dass die alte Orgel demnach aus dem Jahr 1876 oder dem Jahr 1875 stammen musste.
Dem Gutachten ist ferner zu entnehmen, dass die Bedingungen in der „alten“ Martinskirche nicht ideal für das Instrument gewesen sein müssen: „So hat es z.B. gleich nach Aufstellung der Orgel ca. 3 Wochen lang hineingeregnet, bis dann schliesslich, die über der Orgel befindliche Lehmdecke sich löste und in die Orgel hineinfiel.“ Die daraus resultierenden Konsequenzen seien unter anderem „stockige Holzteile“ und vom Holzwurm angefressene Bauteile gewesen.
Der Holzwurmbefall muss insgesamt sehr weit vorangeschritten sein, als das Gutachten erstellt wurde: „sodass einzelne Teile, wie Docken und Arme abbrechen und Störungen beim Spielen der Orgel unausbleiblich sind.“
Die großen Schäden betrafen außerdem auch das Pfeifenwerk, wodurch das Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass die Orgel fast ganz unbrauchbar geworden sei: „(…) ist die ganze Bauart des Werkes, die Anzahl seiner Register, sowie die Intonation für die Kirche bei weitem nicht ausreichend.“
Erstellt wurde das Gutachten von Anton Feith senior.
All diese Umstände dürften letztlich dazu geführt haben, dass für die Martinskirche ein neues Orgelwerk angeschafft werden musste.
Am 09. März 1912 wurde von der Firma Anton Feith senior. ein Kostenvoranschlag für den Bau einer neuen Orgel für die Martinskirche erstellt.
Dort heißt es: „Disposition und Anschlag zum Neubau einer Orgel für die katholische Kirche in Lippspringe. Das Werk enthält 35 kling. Register, 3 Manuale von C-f3, Pedal von C-d1“
In einer allgemeinen Anmerkung ist zu lesen: „Die Holzpfeifen werden aus bestem Kiefer- und Fichtenholz, die Diskantpfeifen aus Ahornholz angefertigt und gefirnißt. Die aufgeschraubten Vorschläge, sowie die Füße und Stöpselgriffe aus Hartholz (Eiche, Ahorn, etc.). Die Platten zu den Zinnpfeifen werden auf der Maschine gehobelt und poliert. Alle Pfeifen werden den akustischen Verhältnissen der Kirche entsprechend mensuriert und mit den neuesten Intonationseinrichtungen versehen.“
Disposition der Orgel nach Fertigstellung im Jahr 1913
I. Hauptwerk | II. Positiv | III. Fernwerk | Pedal |
Prinzipal 8´ | Gedeckt 16´ | Stillgedeckt 16´ | Prinzipalbass 16´ |
Bordun 16´ | Geigenprinzipal 8´ | Hornprinzipal 8´ | Violon 16´ |
Gamba 8´ | Salicional 8´ | Aeoline 8´ | Subbass 16´ |
Gedeckt 8´ | Hohlflöte 8´ | Vox coelestis 8´ | Gedecktbass 16´ (Tr. aus III) |
Doppelflöte 8´ | Oboe 8´ | Klarinette 8´ | Quintbass 10 2/3´ |
Dolce 8´ | Traversflöte 4´ | Violine 4´ | Oktavbass 8´ |
Trompete 8´ | Mixtur 2´ 2-3 fach | Soloflöte 4´ | Violoncello 8´ |
Oktave 4´ | Flötenkornett 4´ 2-3 fach | Posaune 16´ | |
Rohrflöte 4´ | Piccolo 2´* | Salicetbass 16´* | |
Oktave 2´ | Quintatön 8´* |
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Mixtur 2 2/3´ | |||
Cornett 4´ 3-4 fach |
Koppeln: III/I, III/II, III/Ped, II/I, III/Ped, I/Ped, Super I/I, Sub II/I
Spielhilfen: Tutti, Forte, Mezzoforte, Pleno, Ad libitum, 2 Auslöser, Pedal-Ausschalter, Rohrwerk-Ausschalter, Handregistratur ab, Rollschweller (Walze), Melodiekoppel I*
Traktur: Röhrenpneumatik
*abweichend zum ursprünglichen Kostenvoranschlag beim Bau der Orgel hinzugefügte Register und Spielhilfe.